BEGEGNUNGEN MIT TRAUERNDEN ELTERN
Den nachfolgenden Text dürfen wir mit freundlicher Genehmigung von Trauerbegleitung Beate Großmann veröffentlichen.
Er gibt eine Empfehlung einer Sternenmama für den Umgang des Umfeldes und der Gesellschaft mit verwaisten Eltern.
Niemand, der nicht durch dieses Tal gehen mußte, kann dies so auf den Punkt bringen.
„Wenn ich über meine Trauer spreche, werde ich meist von Nichtbetroffenen gefragt…
Was kann ich tun? Was sage ich? Wie reagiere ich?
Wie kann ich Unterstützung sein?
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus möchte ich hier gerne einige Fragen beantworten.
Ich kann nur für mich sprechen, was mir gut getan hat, was ich gebraucht habe besonders in den ersten Tagen, Monate und Jahren meiner Trauer.
Ich spreche von Jahren, denn die Trauer ist nicht begrenzt.
Sie ist immer da, auch wenn sie sich mit der Zeit verändert.
Alles kann, muss aber nicht stimmig für andere Trauernde sein. Und es gibt so vieles zu sagen.
Ich beschränke mich, auf das, meiner Meinung nach, Notwendigste!
Nach der ersten Zeit und der großen Anteilnahme, beginnt der Alltag wieder, für das Umfeld, doch für die Trauernden nicht!
In dieser Zeit ist es zusätzlich verletzend, trauernden Menschen aus dem Weg zu gehen. Auch wenn es schwer ist Betroffenen zu begegnen, so ist es doch so einfach als Nichtbetroffener, ein Lächeln, einen Gruß oder ein kleine Berührung zu schenken.
Wenn Worte fehlen, muss man sie nicht erzwingen.
Es reicht aus zu sagen: „Ich weiß nicht was ich sagen soll…mir fehlen die Worte“…
Es war furchtbar für mich, wenn Menschen, die ich gut kannte, auf die andere Seite gingen oder wirklich so taten als sehen sie mich nicht, oder über mich redeten. Ich habe auch damit gelernt zu leben, und bei diesen Menschen handhabe ich es inzwischen genauso.
So zu tun, als sei die Welt in Ordnung, ist fehl am Platz. Für trauernde Eltern ist die Welt nicht mehr in Ordnung.
Die banalsten Aussagen sind ein Schlag ins Herz. z.B.: Ein “ Schönens Wochenende“ zu wünschen, es ist nichts mehr ist schön und nichts ist gut. Es gibt keinen guten Tag mehr. Es ist nicht tröstlich, nach dem unbegreiflichen Tod eines Kindes zu hören ..“Zeit heilt alle Wunden“ oder ..“Das Leben geht weiter“..“Sie haben ja noch ein Kind“…Worte, die den Tod des Kindes schmälern.
In diesem Moment sind sie unangebracht und bedeutungslos. Sie nehmen nicht die Hilflosigkeit, die Machtlosigkeit und die Gewalt des Todes des liebenden Kindes. Und die obligatorische Frage nach dem „Wie geht es“… Will man ja eigentlich nicht wirklich beantwortet haben. Denn ein jeder der Kinder hat, möchte sich nicht nur eine Minute lang vorstellen, sein Kind sei tot. Unvorstellbar, doch für betroffene Eltern ist dies der Alltag.
Stellt euch die Frage selbst, was meint ihr? Wie würde es euch gehen?
Hilfe für die ersten Wochen ist! Bietet euch an einzukaufen, alltägliche Dinge zu verrichten. Behördengänge, Erledigungen. Stellt einen Kuchen oder ein paar Blumen vor die Tür. Bietet an, Essen vorbei zu bringen. Im Haushalt zu helfen…usw. Mein ganz großes Anliegen. Vergesst die Geschwisterkinder nicht. Schenkt ihnen die Möglichkeit den Alltag mit euch zu erleben. Sie haben ihren lieben Bruder, ihre geliebte Schwester verloren und ihre Eltern, trauern, stehen unter Schock, jedes Geschwisterkind leidet sehr.
Trauernde Eltern sind Jahre im Ausnahmezustand, auch wenn der Alltag augenscheinlich gelebt wird. In den ersten Jahren, sind Betroffene darauf angewiesen, dass sich Freunde und Familie bei ihnen melden.
Es reicht nicht aus, zu sagen „Melde dich wenn du, ihr uns braucht“ das können Betroffen nur bedingt. Sie sind nicht fähig anzurufen oder Dinge zu tun, die für andere, so einfach erscheinen. Eltern sind buchstäblich „bewegungslos“. Wichtig ist, ruft an, schickt eine Karte, schreibt eine Mail. Wenn Eltern nicht sprechen oder Besuch haben können, sollte dies akzeptiert werden, doch scheitert nicht daran. Zeigt, dass ihr immer da sein werdet Bleibt nicht fern, auch wenn es schwer ist zu begleiten. Eltern haben ihr Kind verloren, das Leben das sie kannten, ist vorbei.
Zusätzlich Familie und Freunde zu verlieren ist kaum zu ertragen. Leider ist dem aber so. Den meisten betroffenen Eltern ergeht es so. An Festen, Geburtstage und sonstige Feiern teil zu nehmen muss neu erlernt werden, denn das Kind an der Seite fehlt. Alle sind da….Mein Kind fehlt. Nicht immer können Eltern daran teilnehmen, dies wird leider nicht verstanden und als Rückzug gewertet. Besonders wichtig ist, an den Gedenktagen des Kindes Anteil zu nehmen. Sei es mit einer Karte, einer Mail, einem kleines Geschenk dem Friedhofbesuch oder einer anderen Geste, die den Betroffenen sichtbar macht und auch zeigt. Es wird an mein Kind gedacht. Mein Kind wird nicht vergessen. Und… „Wir sind nicht allein“ Schweigen von Familie und Freunden, ist egal aus welchen Gründen, immer ein allein gelassen werden.
Natürlich gibt es Gründe, doch warum auch immer, es ändert nichts daran, dass in der schwersten Zeit des Lebens die Unterstützung von Seite der Familie fehlt. Das Leben ohne sein Kind muss neu geordnet werden. Nichts ist mehr wie es war. Das Leben ist ver-rückt und jede erdenkliche Unterstützung kann Halt sein. Hinterbliebene Eltern und Geschwisterkinder sind bis tief ins Innerste verletzt und brauchen ein Umfeld, das liebevolles Verständnis zeigt. Das alte Leben mit seinem Kind ist Vergangenheit. Es ist Erinnerung, die Zukunft ist nicht mehr da. Einfühlsam sollte auch die Anforderung sein.
Leider ist die Erwartungshaltung des Umfeldes an den Trauernden, nach den ersten Monaten der Anteilnahme, sehr groß. Und ein Jeder betrachtet und wertet dies aus einem unterschiedlichen Blickwinkel. Die gebildet Meinung über die Trauernden äußert sich dann meist in gut gemeinte Rat-Schläge, doch diese signalisieren jedem Trauernden nur „So wie du bist ist es nicht ok für mich“… „Du solltest meiner Meinung nach, anders sein“.
Richtig ist, ja es ist alles anders. Der Mensch verändert sich in der Trauer und sucht und findet sich und sein Leben neu. Das bedarf einer unbegrenzte Zeit. Schön ist es zu hören. „ Ich nehme dich an in deinem Schmerz und lasse dich so wie du bist. Alles hat seine Berechtigung, alles hat seine Zeit. Du wirst deinen Trauer-Weg gehen, du kannst diesen schweren Weg schaffen. Ich glaube an dich und bin da und denke mit dir an dein Kind und fühle mit dir und deiner Familie.“ Jeder Mensch hat die Fähigkeit mit einem Schicksalsschlag umzugehen und findet seinen Weg aus der Krise. Es ist unvorstellbar schwer, doch mit dem Glauben an sich selbst, ist es möglich. Mindert niemals diesen Glauben, indem ihr diesen Menschen sagt, wie sie den Tod ihres geliebten Kindes zu betrauern haben.
Danke, an alle Nichtbetroffene, fürs Lesen und glaubt ebenso an euch, auch wenn ihr nicht immer so gehandelt habt, wie es angebracht gewesen wäre. So sind wir trauernden Eltern euch von Herzen dankbar, falls ihr immer noch bei uns an unserer Seite seid und uns begleitet und ihr nicht gegangen seid. Schön, dass es euch gibt. Es ist uns durchaus bewusst, dass es nicht einfach ist.
DANKE AN ALLE LIEBEN MENSCHEN DIE UNS BEGLEITET HABEN <3
L(I)EBENSWERTE Grüße
Beate“